Im Herbst 1994 hatten wir als Generalprobe eine kleine, gelungene Fahrradtour durch Skåne gemacht. Beinahe das ganze Frühjahr hatten wir jetzt die grosse Tour vorbereitet, viele Karten studiert und unsere Ausrüstung vervollständigt. Nebenbei haben wir natürlich auch trainiert, denn als kleines Schmankerl hatten wir einen Abstecher ins Fjäll mit eingebaut.
Losgehen sollte es vom Flugplatz in Östersund. Leider wurden unsere Pläne durchkreuzt, hatten wir uns doch vorgestellt, unser Zelt irgendwo im Wald in der Nähe des Flughafens aufzubauen und am nächsten Tag mit der Tour zu beginnen. Doch aufgrund von Nebel über dem Flugplatz, der auf einer Insel im Storsjön liegt, landete der Flieger am späten Abend in Sundsvall. Von dort wurden wir mit Bussen zurück nach Östersund gekarrt, wo wir dann um halb drei Uhr morgens mit unseren Fahrrädern auf dem menschenleeren Marktplatz standen.
Also begann unsere Fahrradtour etwas früher als geplant. Unser Weg führte uns zunächst über Nebenstrecken nach Strömsund, wo wir dann den Inlandsvägen verliessen und in Richtung Fjäll weiter fuhren. In Gäddede, von wo der Anstieg zum Stekenjokk begann, legten wir noch einen Ruhetag ein, bevor es ins schwedische Grenzgebirge ging.
Die nächsten beiden Tage ging es langsam, aber stetig bergauf. Die Vegetation war, obwohl es bereits Mitte Juni war, weit zurück, die ersten Weidenkätzchen sorgten für einen Hauch von Frühling. Weiter oben war dann der Schnee noch rechts und links der Strasse meterhoch aufgetürmt, und die Seen befreiten sich erst ganz langsam von ihrer Eisdecke. Jeder Autofahrer, der uns entgegen kam, hupte und winkte uns zu, und so motiviert erreichten wir die Passhöhe auf 876 m.
Von nun an gings bergab. Jetzt hiess es nur, den nächsten Lebensmittelladen vor dem Mittsommar-Wochenende zu erreichen, um unsere Vorräte wieder aufzufrischen. Dazu mußten wir ganz schön in die Pedale treten, aber wir haben es dann doch noch geschafft.
Je weiter es in Richtung Norden ging, desto länger blieb es hell, und kurz vor dem Polarkreis konnte man mitten in der Nacht ohne Licht fahren. Für die Überquerung hatten wir uns extra eine Flasche Sekt gekauft, und den liessen wir uns unter dem Schild schmecken. Na ja, nach bereits gefahrenen 70 km zeigte er schnell seine Wirkung, und unsere Tagesetappe endete dann auch kurz hinter dem Polarkreis in einem Waldstück mit vielen Mücken.
Leider verschlechterte sich das Wetter zunehmend, und so entschlossen wir uns, in Jokkmokk erst einmal die weitere Entwicklung abzuwarten. Nachdem wir dann auch noch hörten, dass sich auf der weiteren Strecke eine über 20 km lange Baustelle befand, die mit groben Schotter ein entspanntes Fahrradfahren nicht zuließ, war schnell der Entschluss gefaßt, den Rest der Tour mit dem Bus zu fahren.
Der Transport der Fahrräder erwies sich als problemlos, und so verbrachten wir noch zwei schöne Tage in Kiruna. Und zu guter Letzt konnten wir dann auch noch am allerletzten Abend die Mitternachtssonne erleben, auf die wir so lange gewartet hatten.